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MYOG-Packsack nähen

Beim MYOG geht es nicht nur darum, neue Ausrüstungsgegenstände herzustellen, sondern auch die eigene Ausrüstung besser zu organisieren. Deswegen habe ich mir bei meinem ersten Projekt einen Packsack für meinen Spirituskocher vorgenommen.

Wenn einmal im Jahr eine neue Fernwanderung ansteht, muss früher oder später die eigene Ausrüstungsorganisation kritisch hinterfragt werden. Zu oft kommt es vor, dass mitten auf dem Wanderweg im eigenen Rucksack herumgewühlt werden muss. Konkretes Ziel meines Argwohns ist hier mein Kocher. Ich besitze ein kleines Gerät von Esbit, das sich prima für Solotouren eignet.

Das Gerät an sich ist super. In einem kompakten Gehäuse vereint es eine Applikation für Brenntabs, den praktischen Trangia-Spiriztusbrenner und zwei Töpfe. Klingt ziemlich optimal, oder? Leider ist es das aber nicht. Denn während der geringe Stauraum im Packnetz des Kochers noch für den Spiritusbrenner, einen Schwamm und ein Handtuch ausreicht, ist meine Kochausrüstung mittlerweile etwas angewachsen. So ist das Packnetz eher bedingt dafür geeignet, zusätzliche Gegenstände , wie z.B einen Gasbehälter unterzubringen. Abgesehen davon hat sich im Laufe der Jahre einiges an Kochzubehör angesammelt, das auch nicht mehr in das Packnetz des Kochers passt und und das ich unpraktischerweise vor jedem Kochgang aus den unzugänglichsten Stellen meines Rucksacks fummeln muss.

Also was tun? Regelmäßige Leser meines Blogs werden wissen, dass ich mittlerweile eine Nähmaschine mein Eigen nennen darf und deswegen gleich mit der Planung angefangen habe. Obwohl der zu erstellende Gegenstand in diesem Fall nicht wirklich komplex ist. Alles was ich brauche, ist ein relativ großer Beutel, der viel Platz bietet für Kocher, Gaskartusche und diverse Utensilien bietet.

Beim Stöbern auf Instagram bin ich dann auf dieses Design von PNW Bushcraft gestoßen, das hier als Orientierung dienen soll. Wie bei dem abgebildeten Modell auch möchte ich ein zusätzliches Experiment wagen und den Sack aus selbst imprägnierter Baumwolle herstellen.

Bei der Erstellung der Schnittmuster konnte ich mich glücklicherweise auf die Seite learnmyog.com verlassen, die ich euch als weitere Ressource zu dem Thema wärmstens ans Herz lege. Hier könnt ihr euch mit wenigen Klicks ein Schnittmuster für einen Packsack nach euren Vorstellungen zusammenstellen. Nur an einer Stelle ist Vorsicht geboten: Bei allen Entwürfen wird eine unterschiedliche Nahtzugabe mit eingeplant, also seid auf jeden Fall vorsichtig und plant sicherheitshalber ein bisschen mehr Stoff ein. Abschneiden geht ja bekanntlich immer.

So also der Plan. ähnlich simpel wie der Entwurf gestaltet sich auch die Materialliste:

Was braucht man für den MYOG-Packsack?

• Ca. einen m2 Stoff

• Polyestergarn

Kordelstopper

Kordelband

• Eine Nähmaschine


Zuschnitt

Die Zuschnittliste für den Packsack ist relativ überschaubar. Insgesamt werden drei Stücke gebraucht. Die Nahtzugabe von 7 mm ist hier schon mit eingerechnet:

• Ein Rechteck für den Korpus (43,5*40 cm)

• Ein Rechteck für das aufgesetzte Vorderteil, das später als Tasche fungiert (43,5*13 cm)

• Einen Kreis für den Boden (Radius 8,2 cm)

Die Einzelteile für den Packsack im Grobzuschnitt
Die Einzelteile für den Packsack

Größe und Form sind natürlich an meinen Kocher und das Zubehör angepasst. Wenn das für eure Ausrüstung aber eher unpassend sein sollte, könnt ihr die Schnittmuster leicht bei learnmyog.de verändern oder sie einfach selber ausrechnen. Da die Schnittmuster nicht wirklich komplex sind, könnt ihr euch euer Schnittmuster auch mit einfacher Umfangs- und Durchmesserberechnung erstellen.

Wer keinen Extratisch für den Zuschnitt hat, der macht es halt auf dem Fußboden

Absoluter Protipp: Macht es beim Zuschnitt nicht so wie ich, sondern achtet darauf, dass euer Stoff gut gebügelt ist. So könnt ihr Messungenauigkeiten vorbeugen.

Zum Zuschnitt benutzt ihr am besten eine Schneidmatte und einen Rollschneider. Wer das nicht hat, muss sich auf eine Schere und den Fußboden verlassen.

Nähen

Nachdem der Zuschnitt geschafft ist, geht es endlich ans Nähen. Fast alle Nähte des MYOG-Packsacks werden unkompliziert mit Gradstich vernäht. Nur bei den sichtbaren Nähten (an der Öffnung und am Vorderteil) Zuerst wollen wir den Kanal für den Zurrgurt herstellen, der unseren Packsack am Ende verschließen soll. Dazu werden die oberen Ecken unseres Hauptstücks eingeknickt und das Ganze dann doppelt eingeschlagen und vernäht, sodass ein geräumiger Kanal entsteht.

Erst einknicken….
…dann umschlagen

Nachdem der Kanal für unseren Zurrgurt hergestellt ist, müssen wir uns um unser Vorderstück kümmern, das später die Taschen ergibt.

Hier wird auch zuerst die Kante versäubert, indem sie umgeschlagen und festgenäht wird.

Das Vorderstück mit vernähtem Falz

Danach wird das Vorderstück auf unser Hauptteil aufgelegt und in regelmäßigen Abständen senkrecht vernäht, sodass kleine Außenfächer entstehen, in denen wir in Zukunft unser Zusatzmaterial fürs Kochen einordnen.

Nachdem beide Teile verbunden sind, wird der Boden aufgenäht. Das ist, verglichen mit den vorigen Schritten, etwas komplizierter, kann aber mit der richtigen Vorbereitung auch problemlos gemeistert werden. Wichtig ist hierbei vor allem, dass ihr euch Zeit nehmt, eine langsame Abnahmegeschwindigkeit in eurer Maschine einstellt und lieber einmal mehr checkt, dass ihr eure Werkstücke an den richtigen Seiten miteinander verbindet. Wenn das alles beachtet wird, kann eigentlich auch nichts mehr schiefgehen.

Das Annähen des Bodens kann schnell zu einer Geduldsprobe werden. Also Ruhe bewahren und sorgfältig vorgehen

Sind alle Elemente verbunden, ist es an der Zeit, die letzte Naht zu setzen und die offene Seite des Werkstücks zu verschließen.

Nachdem alles fertig vernäht ist, dreht ihr das Werkstück auf Links und zieht eure Schnur in den entsprechenden Kanal ein. Wenn euer Kanal eher kleiner geraten ist, kann dies zu einer Geduldsprobe werden, da die Schnur dazu tendiert, sich zu verhaken. Das war bei mir der Fall, aber mit einem Stück Draht lässt sich auch dieses Problem lösen.

Alternativ kann das Werkstück auch mit Ösen versehen werden, mit denen die Zurrschnur problemloser geführt und eingefädelt werden kann.

Zum Schluss bleibt dann nur noch, das Werkstück auf links zu drehen und euch an eurem neuen MYOG-Ausrüstungsgegenstand zu erfreuen.

Der fertige Packsack

Das allein reichte mir aber noch nicht aus. Ich wollte noch einen Schritt weitergehen und ein kleines Experiment starten, das ich im folgenden dokumentiert habe.

Exkurs: Imprägnieren

Obwohl Kochuntensilien in der Regel eher unanfälliger für Wasser sind, wollte ich das Werkstück zusaätzlich aufwerten und ein wenig mit Imprägnationsmöglichkeiten experimentieren. Diese kommen im MYOG-Kontext eher seltener vor, dennoch lohnt sich die Beschäftigung damit

Warum Imprägnieren?

Gute Frage. Besonders vor dem Hintergrund, dass die Imprägnierung gerade bei diesem MYOG-Werkstück kaum Vorteile bietet. Kocher funktionieren schließlich ( und zum Glück) unabhängig davon, ob sie nass sind oder nicht . Allerdings habe ich schon viel vom Einsatz von Wachstuch im MYOG-Kontext gelesen und wollte diese Möglichkeit der Oberflächenveredelung für mich ausprobieren.

Neben einer erhöhten (wenn auch nicht hundertprozentigen) Wasserdichtigkeit bietet Wachstuch nämlich auch eine interessante Oberflächenstruktur, mit der das eigene Werkstück optisch aufgewertet werden kann.

Doch was wird für die Imprägnierung gebraucht? Für die Durchführung gibt es einige Möglichkeiten. So habe ich im Interet viel über Imprägnierungen auf Kunststoffbasis oder sogar mit essigsaurer Tonerde gelesen. Ich wollte aber fürs Erste natürlicher und vor allem unkomplizierter anfangen.

Wachsimprägnierung? Was brauche ich denn da?

In allererster Linie kommt es hierbei auf die richtige Wachsmischung an. Zwar können die eigenen Werkstücke auch mit reinem Paraffinwachs imprägniert werden, (Das findet sich in handelsüblichen Kerzen), allerdings sprechen viele Quellen im Internet von einem 70/30 Parrafin-/Bienenwachsgemisch.

Ohne größere Ahnung bin ich diesem Rat einfach mal gefolgt und bin begeistert. Durch diese Behandlung wird die Baumwolle zum einen härter und widerstandsfähiger, duftet aber auf der anderen Seite angenehm nach Bienenwachs.

Der Vorgang

Besonders kompliziert ist die Imprägnierung mit Wachs nicht. In erster Linie wird das Wachsgemisch in ein separates Behältnis gefüllt und dann in einem Wassserbad erhitzt, bis das Wachs geschmolzen ist. Besonders gut eignet sich meiner Erfahrung nach ein Einmachglas, das nach dem Schmelzvorgang wieder problemlos verschlossen werden kann und auslaufen verhindert.

Nachdem das Wachs geschmolzen ist, wird es gleichmäßig mit einem handelsüblichen Pinsel auf dem Werkstück verteilt, bis dieses vollkommen bedeckt ist.

Danach geht’s in den Ofen bis das aufgetragene Wachs vollständig vom Stoff aufgesogen worden ist. Hierbei ist die richtige Temperatur essentiell. Parrafinwachs hat einen Erstarrungspunkt von ca. 58°, allerdings sollte der Ofen auch nicht zu heiß werden, da sonst zu viel des Wachses verdampft. Ich habe meinen Packsack bei 80° Celsius imprägniert, was zwar zu etwas längerer Imprägnierzeit führt aber dafür für ein gutes Ergebnis gesorgt hat.

Wenn alles Wachs aufgesogen wurde wird das Werkstück aufgehängt, damit das Wachs ungestört erkalten kann. Wenn ihr mit der Qualität des Stoffes danach noch nicht zufrieden seid, könnt ihr das Prozedere nach dem Erkalten des Wachses wiederholen.

Soviel zum Thema Packsack & Imprägnieren. Jetzt seid ihr dran! Eure Erfahrungen zum Thema MYOG könnt ihr mir gerne in den Kommentaren dalassen. Obwohl das Thema keinen allzu großen Stellenwert auf meinem Blog bekommen soll, werde ich hier und da mal ein paar Build-Berichte veröffentlichen.

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